Studienfahrt nach Krakau/ Auschwitz

Dienstag

Nach einer durchfrorenen Nacht (jetzt funktioniert die Heizung immerhin) ging es zum Frühstück in ein nahegelegenes Lokal, in dem wir in einem zauberhaften Gewölbekeller sitzen durften. Das Frühstück war weniger zauberhaft - es gab Pappbrot, Käse, Wurst, Butter, gammelige Tomaten und trockene Gurken, dazu Cerealien. Milch, heißes Wasser, Tee, Instantkaffee. Das sei eben das Standardfrühstück eines Low-Budget-Hostels, sagte die Managerin. Obst und Saft seien bei dem Preis nicht machbar. Ich äußerte Verständnis und sah mich in meiner Ansicht bestärkt, dass man nicht mit aller Gewalt ins Ausland fahren sollte. Entweder muss das Budget erhöht werden oder man erschließt sich die nähere Umgebung. Die SchülerInnen verstehen so langsam, was ich meine. Nachdem ich Banane, Müslikeks und Bohnenkaffee nachgeladen hatte, konnte ich aber vorerst das Zetern wieder einstellen.

 

Die gebuchte Stadtführung verzeichnete als ersten Programmpunkt den Wawel, das alte Schloss der Jagellonen, das wichtigste Nationaldenkmal der Polen und ehemaliges Krönungsschloss. Heute beherbergt das Schloss eine Sammlung von Gemälden und vor allem Wandteppichen.

Omnipräsent in der Stadt ist ein kleiner grüner Drache, der von Magneten, Tassen, Schokoladen und allerlei sonstigen Touristen Artikeln herabblinzelt. Dieser Drache soll früher in einer Höhle des Berges gewohnt haben, auf dem heute der Wawel steht. Es war unmöglich, diesen Drachen zu besiegen, kein Krieger schaffte es. Der Drache verspeiste mit Vorliebe Haustiere - man fühlt sich ein wenig an "Drachenzähmen leicht gemacht" erinnert - und natürlich, wie könnte es anders sein,  Jungfrauen. Eines Tages kam ein Schuster auf die Idee,  diesem Untier ein präpariertes Haustier unterzujubeln. Er füllte ein Schaffell mit allerlei brennbaren und explosiven Artikeln und gab es dem Drachen zu fressen. Falls Ihr Euch immer schon einmal gefragt habt, warum Drachen eigentlich Feuer spucken können, dieser Drache konnte es erst nach dem Genuss des Schafes. Es bekam ihm nicht besonders gut, und er verspürte großen Durst, so dass er an die Weichsel lief um dort zu trinken. Das tat er im so reichlicher Menge, dass er davon platzte und die Stadt von dem Ungeheuer befreit war. Der Schuster bekam zur Belohnung ein halbes Königreich und eine Prinzessin. Noch heute wird in Krakau jedes Jahr ein Drachenfest gefeiert.

 

Die Gottesfurcht ist an jeder Ecke präsent,  Polen ist bekannterweise erzkatholisch, was sich an der Gestaltung der Hausfassaden zeigt. Daneben gibt es das Kazimierz, das zu großen Teilen jüdische Viertel. Heute ist es ein beliebtes Ausgehviertel, indem man in verschiedenen Bars und Restaurants jüdische Kultur erleben kann, sei es durch das angebotene Essen oder durch die traditionelle Klezmer-Musik. Es gibt im Viertel noch sieben Synagogen, die sind zwar als Gebäude alle erhalten, werden aber nicht mehr alle als Gotteshäuser genutzt. Das wäre vielleicht auch ein wenig zu viel für die 200 Juden, die heute noch in Krakau Leben. Wir haben uns das Museum in der Alten Synagoge angesehen und dort interessante Einblicke in die jüdische Alltagskultur erhalten.

 

Mittwoch

Auschwitz 09/ 17

 

Gepäck abgeben

Kleidung kennzeichnen

Willkommen in Auschwitz

 

Ein Kind spielt neben der Reihe der Frauen im Staub

Kein Leid wird es zeichnen: Der Arzt impft Phenol

 

Zwei Häuser stehn unter Birken im Wald

Familien am Feuer, den Zins längst gegeben

Schreibt Grüße nach Hause, schickt Karten!

 

80000 Schuhe: ein kleiner ganz vorne

Zwei Tonnen Haare: Wie trägst du deins, Margarete?

14000 Töpfe und Schüsseln liegen verwaist

232000 Kinder sind still jede Nacht

Wer hat sie getröstet?

 

Sachsen 27

Thüringen 23

Brandenburg 20

Sachsen-Anhalt 20

Mecklenburg-Vorpommern 20

 

Wladi Wostok

 

Haben wir noch nicht gelernt,

dass man mit Schlangen nicht spielt?

Wer nimmt dein Kind, Zuleyma?

 

Donnerstag

Guten Abend aus Krakau!

Trotz fehlender Gruppenbuchung - rechtzeitige  Buchungen für Gruppen sind in Krakau ganz wichtig - konnten heute alle interessierten SchülerInnen die Dauerausstellung “Krakau unter der deutschen Besatzung” besuchen, die in einem Gebäude der ehemaligen Emaillefabrik von Oskar Schindler untergebracht ist. Der Film "Schindlers Liste" wurde hier teilweise gedreht, und seit 2010 beherbergt das Gebäude eben diese Ausstellung, deren Schwerpunkt das Leben der Juden im Warschauer Ghetto bildet. Aber auch Bezüge zum Leben und Arbeiten in Schindlers Fabrik werden hergestellt, denn der ansonsten eher am Luxus interessierte Schindler hatte während der Arbeit mit polnischen Juden bemerkt, dass es sich tatsächlich um Menschen handelt, die eine würdige Behandlung verdient haben. So ging es den in der Fabrik beschäftigten Juden ein wenig besser als den anderen.

 

Die Dauerausstellung bildet mit große Liebe zu anschaulichen Details Leben und Atmosphäre im Krakau der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ab. Sie geht dabei zurück bis zum ersten Weltkrieg, zeigt die Zwischenkriegsjahre und schließlich die Zeit, in der Krakau und insbesondere seine Juden unter den Nazis zu leiden hatten. Neben Nachbildungen von Geschäften und Bahnhofswartesälen finden sich zahlreiche Dokumente, vor allem Bekanntmachungen der Deutschen, die einen kleinen Eindruck davon vermitteln, wie das Leben sich mit der Besatzung veränderte. Entsprechende Ton- und Videoaufnahmen untermalen die Szenen, sodass ein wenig von der beklemmenden Atmosphäre eingefangen werden kann, die hier geherrscht haben muss.

 

Im Anschluss habe ich mit meinem Kollegen das ebenfalls in einem Teil der ehemaligen Fabrik untergebrachte Museum für moderne Kunst besucht, in dem gerade die Ausstellung "Kunst in der Kunst" zu bewundern ist. Künstler der Gegenwart unterhalten sich dort im Bild mit großen Künstlern der Vergangenheit, indem sie deren Werke bildlich zitieren und verändern. Ganz besonders angetan hat es mir das Hermelin aus dem Bild "Die Dame mit dem Hermelin", das sich in dieser Darstellung mit einem launigen “Bye bye Ladies and Gentlemen” aus dem Bild verabschiedet und nun auf dem Rahmen herumturnt. Ein anderer Künstler hat sich damit auseinandergesetzt, warum denn die großen Werke wie etwa die Mona Lisa nicht zugänglich und ganz besonders vor aufdringlichen Besuchern geschützt sind, wobei das Motiv als solches auf den trivialsten Alltagsgegenständen zu finden ist. Illustriert hat er seine Überlegung mit einem Video von sich selbst im Louvre, in dem er zeigt, wie er versucht, sich der Mona Lisa zu nähen. Daneben hängen Bilder von Aschenbechern mit dem Motiv der Mona Lisa, die neben ausgedrückten Zigaretten noch allerlei anderen Müll enthalten und so das Motiv verd(r)ecken.

 

Google Maps schlug zum Mittagessen ein indisches Restaurant vor und auch in diesem Fall war der Vorschlag sehr gut. Das Essen war ausgezeichnet, nur ein bisschen scharf. Ich hatte original scharf bestellt und auf die Rückfrage der Kellnerin, ob ich mir wirklich sicher sei, das essen zu wollen, der Koch sei nämlich ein sehr junger Inder, meinerseits gefragt, woher denn der Koch komme. Als sie sagte, er stamme aus Delhi, blieb ich bei meiner original scharfen Bestellung (im Süden würzen sie schlimmer) und verspüre nun eine gewisse Sympathie für den Drachen, der ebenfalls mit explosivem Schaf gefüttert wurde.

 

Ein Stadtbummel lohnt sich sowohl in den touristisch erschlossenen als auch in den weniger überlaufenen Gegenden. Rund um den großen Marktplatz finden sich viele schöne Hinterhöfe, die Läden oder Restaurants beherbergen, wie man es etwa aus Berlin kennt. Aber auch die Gegend, in der wir uns heute befanden, lässt den aufmerksamen Betrachter vieles entdecken, wie Ihr anhand der Fotos sehen könnt. Mit unserem Nachwuchsmusiker eine Karaokebar zu besuchen,  war auch ein tolles Erlebnis. Einheimische und Touristen aller Altersklassen gingen auf die Bühne und sangen zum Teil sehr gut. Meine letzten polnischen Złoty werde ich wohl zu dem Karamellbonbonstand auf dem Bauernmarkt tragen, wohin ich aufbrechen werde, sobald ich Euch mit den dem heutigen Bericht versorgt habe. Morgen werden wir auf Wunsch der SchülerInnen Krakau bereits um 06:00 Uhr verlassen und auf das liebevoll gestaltete Frühstück verzichten. Ich verabschiede mich von Euch und wünsche einen schönen Abend!