Klassenfahrt nach Bremerhaven: Reisebericht

Guten Abend aus Bremerhaven! Unsere Klassenfahrt begann etwas abenteuerlich. Zwar hatte ich die Wetterwarnungen vor Glatteis am Vorabend zur Kenntnis genommen und die Weckzeit entsprechend angepasst, heute morgen war es aber eine Unwetterwarnung Stufe 3, verbunden mit Schulausfall in Lüneburg und Uelzen. Einfahrt und Straße waren spiegelblank. Vater und Sohn konnten mich so unmöglich nach Bevensen bringen. Ob der Zug nicht durch Lüneburg fahre und ich da zusteigen könnte?, sinnierte mein Vater. So müsste es gehen. Richard hatte jede Menge Spaß auf der Einfahrt und kuckte sich vom auf der Straße geparkten Geländewagen aus meine Versuche an, selbigen zu erreichen. „Du darfst die Füße nicht hochnehmen!“, rief er, „wie beim Schlittschuhlaufen!“ Schließlich war das Kind im Kindergarten und ich am Lüneburger Bahnhof. Die SchülerInnen hatten es alle pünktlich geschafft und die Bahn hatte erstaunlicherweise keine Ausfälle.

Wir logieren im Havenhostel, das sehr lehrkraftfreundlich zu sein scheint, weil die Hausordnung ohnehin den meisten Blödsinn verbietet und die Gänge vom Personal unter Technikeinsatz überwacht werden. Grins.

Auch die Fahrstuhlnutzung ist entsprechend reglementiert.

 

Der sonnige Nachmittag stand zur freien Verfügung, und so kuckte ich mir zunächst die als Ausgehmeile und Sehenswürdigkeit deklarierte „Alte Bürger“ an, ein Teil der Straße, in der wir wohnen. Trotz teilweise sehr schöner Fassaden sieht man viel Verfall und die Lokale sowie ihre Besucher sind übel beleumundet.

 

Im Anschluss sah ich mir das Neue Hafenbecken an, mit Blick auf architektonisch interessante Häuser und historisch interessante Schiffe, zu denen ich bei der abendlichen Führung einige Geschichten hörte. Das Auswandererhaus befindet sich ebenso hier wie das Auswandererdenkmal und Klimahaus, welches morgen auf dem Programm steht. Über den „Zoo am Meer“ bin ich direkt gestolpert und habe ihn mir angesehen, aber das war kein schönes Erlebnis, denn die Tiere werden in kleinen, lieblosen Gehegen gehalten, die hauptsächlich aus künstlichen Felsen bestehen. Und nachdem ich etwa die Basstölpel auf Helgoland in ihrem natürlichen Habitat beim eleganten Spiel mit dem Sturm beobachten durfte, sind die paar Exemplare in diesem Zoo eine besonders traurige Veranstaltung, ganz zu schweigen von den Eisbären und Pumas, von denen ich ohnehin nicht weiß, wie sie in einen Zoo voller Wassertiere geraten sind.

 

 

Inzwischen hatte ich das Hafenbecken einmal komplett umrundet und war durch den Zoo gelaufen, sodass meine Beine nach Erholung verlangten. Außerdem war die Sonne weg und ich schon reichlich durchgefroren. Ich stiefelte also zum Hostel zurück und harrte des Abendessens, das aus Nudeln mit Tomatensoße bestand. Zum Nachtisch wurde fiesfarbener Wackelpudding gereicht.

 

Die Abendführung mit Schauergeschichten war eher eine Abendführung mit Schiffsgeschichten und führte einmal um das neue Hafenbecken herum...Die Schiffsgeschichten waren allerdings interessant und unser Gästeführer hatte alle möglichen Verwandten auf allen möglichen Schiffen oder war selbst auf Schiffen aktiv. Derzeit ist er zuweilen als Maschinist auf der „Alexander von Humboldt“ (das Schiff mit den grünen Segeln) unterwegs, die, wie ich erfuhr, auch schwererziehbare Jugendliche herumschippert. Ich muss mir das mit dem Segelurlaub nochmal gründlich überlegen. Andererseits, wenn man die Chaoten einmal kielgeholt hat, läuft es vielleicht runder….

 

 

Lüneburg hat den Salzewer, Lübeck hat die Lisa von Lübeck, Hamburg hat die Rickmer Rickmers und in Bremerhaven liegen die Ubena von Bremen, ein Nachbau, sowie die Dreimastbark Seute Deern, ein ehemaliges Frachtschiff. Auch das Schiffahrtsmuseum bevölkert mit einigen Exponaten den Hafen, die alle eine Geschichte zu erzählen wissen. So wurde die Seefalke, ein Bergungsschlepper, im Krieg versenkt. Nun war sie nicht besonders kaputt, doch durften die Schiffe nach dem Krieg nicht gehoben werden. Das gefiel dem Reeder aber nicht, und er hob die Seefalke in einer heimlichen Aktion und versenkte sie im Anschluss woanders, bis das Verbot aufgehoben war.

 

 

Leider ist es draußen eindeutig zu kalt, um eine solche Abendführung unbeschwert zu genießen und wir kamen ziemlich durchgefroren im Hostel an. Als wirklich wertvoll hat sich neben der Anschaffung eines dichtschließenden Thermobechers die Anschaffung des schon of vermissten Reisewasserkochers (mit Tassen und Löffeln im Lieferumfang!) erwiesen, sodass ich den ganzen Tag über heißen Tee in der Handtasche hatte. Aus den Zimmer der SchülerInnen dringt paradiesische Stille. Gute Nacht!

 

Guten Abend! Der heutige Tag war zumindest soweit es mich betrifft dem Weltklima gewidmet. Die SchülerInnen haben noch Shopping unterbringen können, aber ich habe sogar das Auswandererhaus, welches ich eigentlich besuchen wollte, zugunsten von mehr Zeit im Klimahaus sausen lassen und den ganzen Tag dort verbracht. Wie sich nachher im Gespräch mit den Kids herausstellte, habe ich trotzdem nicht alles gesehen. Tz!

Das Klimahaus ist in verschiedene Bereiche unterteilt: Perspektiven, Reise, Wetterstation, World Future Lab, das Offshore-Center und die Sonderausstellung Ozeane im Wandel. Sogar eine Kochschule gibt es!

 

„Wer heute Radieschen sät, kann morgen keine Ananas ernten“.

Dieses und viele andere Zitate stehen am Eingang des Bereichs „Perspektiven“, der sich beschäftigt mit der Geschichte des Erdklimas von seinen Anfängen bis in die simulierte Zukunft. Das Klima im Wandel und der Einfluss des Menschen bzw. menschgemachter Emissionen sind zentrales Thema. Mit dem Beginn des „Kohlezeitalters“ beginnen die verstärkten Emissionen. Das Betätigen einer Kohleschaufel setzt einen Zug in Gang, der an der Decke eine Schleife fährt und dessen Segmente verschiedene technische Erfindungen mit Jahreszahl zeigen. Offenbar gibt es Computer genauso lange wie mich…

 

Auf einer Klimaorgel kann man mit den Geräuschen verschiedener Haushaltsgeräte Musik machen, allerdings nur theoretisch, da nicht alle Anschläge funktionierten und das Gerät sehr langsam reagierte.

Ein weiterer Raum zeigte sich bedeckt von Klimakontoauszügen, die den ökologischen Fußabdruck des Einzelnen in globaler Relation zeigen. Leider konnte man sich selbst keinen Auszug erstellen.

 

 

Am Ende standen Zukunftsperspektiven, von denen ich mir B1 - das positive Modell - angesehen habe. Ich will gerne dazu beitragen, ein positives Szenario wahrscheinlicher zu machen und habe am Ende den Shop noch kräftig unterstützt, aber dazu später. Die sich über vier Ebenen erstreckende Ausstellung ist ansprechend multimedial gestaltet und thematisch mit dem Bereich Reise verknüpft, denn die dort vorgestellten Personen in ihren Klimazonen leihen verschiedenen Exponaten der Perspektiven ihre Stimme. Multimedial bedeutet hier nicht nur durch Filme oder Audioinstallationen unterstützt, sondern beinhaltet etwa den Blick aus einer Almhüttentür, während man den Schweizern lauscht. Das alles befindet sich in verschiedenen großen verschieden offenen Kugeln, manche begehbar, manche dekorativ.

 

Auf der Reise begleiten wir einen Deutschen, der sieben verschiedene Menschen oder Familien in verschiedenen Klimazonen besucht. Man wird zunächst auf eine simulierte Zugfahrt mitgenommen, die in die Schweiz führt, zu den Almbauern Hedy und Werner. Zentrales Klimaelement im Wandel sind hier die Gletscher, auf die eine Erwärmung großen Einfluss hat, was dann wiederum Landschaft und Leben darin beeinflusst, etwa durch Steinschläge und Gerölllawinen, wenn das Eis als Kitt fehlt. Wie ich gelernt habe, sind diese Effekte teilweise selbstverstärkend - so ergibt schmelzendes Meereis dunkles Wasser, welches das Sonnenlicht stärker absorbiert, welches das Schmelzen durch noch höhere Wassertemperaturen beschleunigt…

Auch in diesem Bereich kann man auf verschiedenen Ebenen lernen - so gibt es Kuhmodelle für eigene Melkversuche.

Stilecht mit einer Seilbahngondel verlässt man die Schweiz und wird dabei auf die Größe eines Hirschkäfers geschrumpft, bevor man in der artenreichen Insektenwelt Siziliens landet, mit Familie Morrho als Gastgebern. Die Insekten, Eidechsen und Schlangen sind als Lebendexemplare in zahlreichen Terrarien zu bestaunen. Das zentrale Klimathema sind hier verschiedene Winde, die je nach Richtung besondere Qualitäten haben oder Gefahren mit sich bringen. Alle haben einen eigenen Namen. Der Scirocco etwa ist ein gleichmäßig heißer Frühjahrswind mit Ursprung in der Sahara.

 

Auch bei Mariam aus Niger spielt heißer Wind eine Rolle, mehr aber noch das Leben als Nomaden in der Wüste. Mariam ist eine targia, eine Frau der Tuareg, oder eher noch ein Mädchen. Trotz unwirtlicher Hitze können sich die Besucher hier auf Liegen entspannen und einem Kamelreiter in der Wüste zusehen oder Mariam beim Kochen über die Schulter schauen. Die Sitten und Gebräuche des Volkes oder Landes werden ebenfalls thematisiert. Neben der aus wasserarmen Gebieten bekannten Tatsache, dass man die linke Hand zur Körperpflege und daher niemals zum Essen benutzt, fand ich bemerkenswert, dass die Tuareg kein Wort für „Widerrede“ kennen. Diese existiert bei ihnen schlicht nicht. In einer so unwirtlichen Umgebung müssen sich alle helfen, sagen sie. Das Alter berechnen sie etwas anders als wir, nämlich danach, wie viele Aufgaben ein Mensch schaffen kann.

Problematisiert wird in diesem Bereich der Uranabbau durch eine französische Firma, der zwar auf Tuaregland stattfindet, ihnen aber keinen Gewinn bringt. Mittlerweile ist wohl auch China mit im Geschäft.

Warm, aber feucht ist es bei Chief Alexander in Kamerun. Vorgestellt werden hier der Regenwald und seine Gefährdung, u. a. durch die zunehmende Verwendung von Palmöl. Eine ganze Flusslandschaft mit riesigen Welsen und Buntbarschen empfängt hier die Besucher. Man kann über eine Hängebrücke balancieren und muss den Rückweg über Steine im Fluss nehmen, man kann verschiedene Fische bestaunen und - mein persönliches Highlight - den Buschbabys, eichhörnchenkleinen Äffchen, bei ihren imposanten Weitsprüngen zusehen. Sie sind noch viel niedlicher als unsere Eichhörnchen! Springende Buschbewohner und deren Verzehr als „bushmeat“ sind allerdings auch ein Problem, einerseits aus Gründen des Artenschutzes - bushmeat wird mittlerweile als billiges Fleisch für Minenarbeiter in großem Stil gefangen - andererseits wegen des Problems der Verbreitung von Krankheiten, die sowohl Affen als auch Menschen befallen können, wie z. B. Ebola.

Abkühlung verspricht mit -7 Grad Celsius der nächste Reiseabschnitt, die Antarktis. Als noch intaktes Ökosystem bietet sie unerschrockenen ForscherInnen die Möglichkeit, z. B durch Eisbohrungen etwas über die Erdgeschichte zu erfahren. Diese Bohrkerne werden tatsächlich hier in Bremerhaven, und zwar im Alfred-Wegener-Institut, gelagert. Vielleicht habt Ihr kürzlich den Medien entnommen, dass auf der vom AWI betriebenen Forschungsstation Neumayer III demnächst frischer Salat wachsen soll, und zwar in einem vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt entwickelten Containergewächshaus. Wie ich erfahren habe, können in diesem Gebiet Temperaturen von bis zu 90 (neunzig!) Grad unter Null herrschen. Brrrrr.

 

Viel heimeliger ist da doch bei Vaniah auf Samoa, wo die Besucherin wieder in einer liebevoll gestalteten Landschaft landet und sich an plätscherndem Südseewasser und bunten Korallen erfreut, deren prekäre Situation an mehreren Stationen im Klimahaus angesprochen wird. Auch Plastik im Meer ist Thema in Samoa, das ansonsten Urlaubsfeeling hervorruft und mit farbenprächtigen Fischen aufwartet. Klimathema hier sind u.a. starke Stürme, die unmittelbaren Einfluss auf die Bauweise der Häuser haben: Flexibel gewickelt hält besser als fest verschraubt. Der Klimawandel mit steigendem Meeresspiegel bedroht Samoa als Insel in besonderem Maße - es könnte verschwinden.

 

 

Bei Steven und Taylor, zwei Yupik-Jungen aus Alaska, ist es wieder deutlich kühler. Dieses Eskimovolk lebt immer noch hauptsächlich vom Walfang und Fleisch aller Tiere, die um sie herum schwimmen und fliegen, doch stehen sie vor dem Problem, dass es weniger Meereisbedeckung im Jahr gibt, was für sie weniger Jagdtage bedeutet. Eskimogemüse übrigens ist nicht ganz das, was der europäische Vegetarier sich darunter vorstellt, sondern bezeichnet Innereien und Haut großer Meeressäugetiere. Da, um Wladimir Kaminers Kochbuch zu zitieren, auch in Alaska die Zutaten sehr groß sind und scharfe Zähne haben, sollen die Yupik das Trampolinspringen erfunden haben: Ein Pulk Eskimos warf mittels Decke einen Späher in die Luft, der herausfinden sollte, ob sich gefährliche oder essbare Lebewesen in der Nähe befanden. Natürlich darf man in der Ausstellung auch Trampolin springen und sollte ich mal mit dem Kurzen hierherkommen, weiß ich, wie ich ihn bei Laune halten kann.

 

Die letzte Station ist bei Jutta auf der Hallig Langeness in der Nordsee. Sturmfluten, Hochwasser, Warften, Lorenbahn, das ist soweit uns Norddeutschen bekannt. Neu für mich war, dass diese Loren nicht nur individuell von Obstkiste bis Polstersitz gestaltet werden, sondern früher mit Windkraft fuhren: Sie hatten Segel.

 

Nach einer Mittagspause auf der Picknicktreppe (na klar hab ich meine nachhaltige Lunchbox dabei) und einem Kaffee stellte ich mich nach einem kurzen Gang durch die Ausstellung Ozeane im Wandel den Aufgaben im World Future Lab. Man bekommt eine Identitätskarte und an acht Stationen verschiedene Aufgaben, deren Erfüllung anschließend bewertet und auf einer Urkunde vermerkt wird. Zwischendurch wirft einem das Programm noch ein paar Abstimmungen auf den Schreibtisch, deren Ergebnis dann auf einem großen Globus in der Raummitte auftaucht, um den herum die Stationen angeordnet sind. Zum Klimaschutz gehören die Aspekte Engagieren (Rette eine Insel!), Kombinieren (Baue einen tollen Gegenstand aus Müll!), Handeln (Welche Kaffeekaufentscheidung triffst Du?), Motivieren (Kannst Du Leute für Dein Projekt begeistern?), Respektieren , Vernetzen, Erforschen, Verantworten (Gestalte ein faires Smartphone!) und Engagieren (Baue eine Stadt!). Die ganze Sache macht großen Spaß, wobei die Aufgaben im Sinne passender Leistungsmessung aber ein dickes Minus erhalten. Vernetzen basiert auf Fingerfertigkeit, nicht Kommunikation, und wenn ich eine Entscheidung zwischen drei undurchsichtig verpackten Geschenken treffe, regiert der Zufall, nicht mein Verstand. Nichtsdestowenigertrotz ist das ein tolles Spiel, und auf dem virtuellen Smartphone links im jeweiligen Schreibtisch erscheinen nach Spielende Informationen zu Projekten, die es in dem aktuellen Themenbereich bereits gibt.

Am Hostel gibt es nach wie vor nichts auszusetzen und die SchülerInnen sind mir unheimlich: Sie sind kulturell interessiert, gut zu Fuß, leise und höflich. Wer mit wem im Zimmer ist, ist nachrangig, da sie sich sowieso alle liebhaben. Sind sie mit Essen fertig, fragen sie, ob sie aufstehen dürfen. Haben sie sich am Buffett bedient, fragen sie, ob sie schon anfangen dürfen. Als ich sagte, sie sollen sich wie zu Hause fühlen, kam als Antwort, dort warte man schließlich auch, bis alle die Mahlzeit beendet hätten und renne nicht einfach weg. Mein Papa wollte mir nicht glauben, dass die echt sind, aber sind sie. Vorhin haben wir mal ein mahnendes Schweigeäffchen gepostet, aber mehr ist nicht erforderlich. Das Kontrastprogramm lief auf dem Rückweg auf der anderen Straßenseite neben mir her: Maximal Vierzehnjährige mit Bierflaschen, die aus ihren Handys Sauflieder scheppern ließen, deren Handlungsempfehlungen sie eifrig in die Tat umsetzten, um anschließend die leere Bierflasche in der mickrigen Grünanlage eines Genossenschaftsmietshauses zu entsorgen. Für die wurde das Klimahaus nicht gebaut.

 

Im Shop habe ich sicher nochmal ein halbe Stunde verbracht, diverse Bücher durchgeblättert, etwa ein Klimakochbuch, alle Plüschtiere auf Kindeseignung überprüft (geeignet, aber unnötig und transportproblematisch. Ein kleiner Ammonit ist auch fein.), mir eine sündhaft teure Schokolade von zotter gekauft, mich über die Ecke mit nachhaltigen Produkten gefreut und daselbst wiederverwendbare „Frischhaltefolie“, bestehend aus bienenwachsbeschichtetem Stoff, erworben. Ich bin gespannt - mir macht es hygienetechnisch Sorgen, dass man sie nicht heiß waschen darf.

Morgen fahren wir nach Bremen. Ich geh shoppen!

 



„To ask the sea for answers“ könnte gut die Leitlinie des Deutschen Schiffahrtsmuseums sein, welches wir heute besucht haben, denn genau das wird dort forschenderweise getan. Wie ich gelernt habe, bedeutet „deutsches“ Museum stets, dass nicht nur gezeigt, sondern auch geforscht wird. Unsere Führung stand unter dem Motto „Mensch und Meer“ und begann im Maschinenraum eines ehemaligen Seitenraddampfers. Man hat einfach („“)  das Mittelschiff inkl. Maschinenraum und Rad herausgeschnitten, auf ein Fundament gesetzt und ein Museum drumherum gebaut. Das Schaufelrad-Ensemble wird elektrisch betrieben, um die Funktionsweise zu demonstrieren.




 

Der Luxusschnelldampfer „Bremen 4“ hatte nur eine Lebensdauer von 10 Jahren. Er fuhr die Route Bremerhaven - New York in vier Tagen und 15 Stunden, was sehr schnell war. Er brachte natürlich auch die Post und hatte als besonderen Gimmick ein Flugzeug an Bord, welches mit einem Katapult abgeschossen wurde und so die Post sowie die Nachricht von der nahenden Ankunft des Schiffes brachte. Die Reederei nutzte das als Werbegag, die Post nämlich brauchte so nur vier Tage. Bei Kriegsausbruch 1939 befand sich das Schiff auf See Richtung Amerika und der Kapitän ignorierte den Befehl, sofort nach Deutschland zurückzukehren. Er brachte erst die Passagiere, darunter etliche Auswanderer, nach New York, strich das Schiff dann schnell um, damit kein Feind es erkennen möge, und schipperte auf langen Umwegen wieder nach Deutschland, während man die „Bremen 4“ verzweifelt suchte. Leider hat ihm das Manöver nichts genützt, denn durch einen Sabotageakt geriet der Dampfer in Brand und sank nur 10 Jahre nach seinem Stapellauf.

Die Überreste einer Hansekogge aus 1380 sind der besondere Stolz des Museums. Bei einer Hafenausbaggerung Anfang der 1960er Jahre wurde diese Kogge im Grund steckend gefunden, was auf wenig Begeisterung bei der Stadt stieß, da es die Arbeiten behinderte und man die Kosten einer Bergung nicht tragen wollte. Die Arbeiter weigerten sich aber weiterzubaggern, da ihnen klar war, dass es sich um einen historisch bedeutenden Fund handelte. Die Museumsdirektorin selbst stand für die notwendigen finanziellen Mittel gerade. Schließlich wurde das Schiff vor dem Winter 1962 in einer Notbergung aus dem Hafenbecken gezogen, wobei es leider ziemlich zerbröselte. Inzwischen ist es nicht unüblich, dass die Museumsleute selbst das Tauchen lernen, damit bei derartigen Aktionen gleich Historiker vor Ort sind. Der Aufbau des Schiffes im Museum nahm 10 Jahre in Anspruch und ist noch nicht abgeschlossen, dermaleinst soll es frei stehend gezeigt werden können. Ein Problem war, dass das trocknende Holz schrumpfte und zerfiel, sodass man zunächst mit Rasensprengern die Wrackteile beständig feucht hielt, was den Arbeitern nicht besonders gut bekam. Später fand man eine Methode, das Holz mit Polyethylenglykol zu konservieren. Koggen wurden im Trockendock gebaut und wurden durch das Aufquellen des Holzes im Wasser dicht, zusätzlich wurde mit Teer und Kalfatergarn gedichtet. Die Bremer Kogge bestand aus minderwertigem Holz und es ist unklar, ob sie jemals zur See fuhr. Man fand sie in der Nähe einer ehemaligen Werft, doch befand sich kein Teer an den Wrackteilen. Ob nie welcher aufgetragen wurde oder er verrottet ist, ist nicht bekannt. Generell wurden Koggen ungefähr 30 Jahre lang genutzt und dann verschrottet.

 

 

 

Das nächste Exponat war ein U-Boot vom Typ „Seehund“, von denen gegen Kriegsende (von knapp 300 gebauten und 1000 geplanten Exemplaren) ungefähr 50 im Einsatz waren. Sie waren für siebentägige Fahrten ausgelegt, wobei es eher „Kamikazekommandos“ waren und eine Rückkehr nicht garantiert war - 35 „Seehunde“ sind verschollen. Mit 12 Metern Länge hatte die Besatzung kaum Platz, die Torpedos nahmen fast die Länge des Bootes ein, bewegen konnte man sich so gut wie nicht. Dieselabgase aus dem Maschinenraum stellten ein weiteres tödliches Problem dar. Um solche Einsätze überhaupt möglich zu machen, nahm die Besatzung Pervitin ein - heute heißt das Zeug Crystal Meth…

Klein-U-Boote werden immer noch eingesetzt, aber zu Forschungszwecken.

Es gab auch Handels-U-Boote. Im 1. Weltkrieg setzten die Deutschen zwei Exemplare ein, die trotz britischer Blockade den Handel zumindest der wichtigsten Güter zwischen Deutschland und Amerika sicherstellen sollten. Mit insgesamt 2,5 Fahrten auf zwei Schiffe verteilt erwies sich das jedoch nicht als Erfolgsmodell.



Eine Extrausstellung widmet sich den Windjammern. Wusstet Ihr, dass das Wort aus dem Englischen kommt? „To jam the wind“, sie konnten dicht am Wind segeln. Für die Besatzungen der Rahsegler waren Windjammermatrosen keine vollwertigen Seemänner, da sie es an Bord viel leichter hatten. Heute nennt man alle Großsegler ab drei Masten Windjammer. Mittlerweile hab‘ ich unter Zuhilfenahme englischer Vokabeln endlich mal verstanden, wie man Bark und Vollschiff unterscheidet. Die Bark hat am letzten Mast keine Rahsegel (riggs), und heißt daher "half-rigged ship", das Vollschiff schon (full-rigged ship). Again what learned. Und was wäre eine Windjammerausstellung ohne Erwähnung der Flying-P-Liner? Natürlich gab es auch zahlreiche andere entsprechende Segler, doch selbst in Bremerhaven, das in Konkurrenz zu Hamburg stand, dominieren diese Schiffe. Ein Dokumentarfilm über den Untergang der „Pamir“ erwähnt übrigens eine Extremwetterlage, in der das Bergungsschiff „Seefalke“ angefordert wurde, dem wir bei unserer Führung durch den Museumshafen am Montagabend begegneten (das zweimal versenkte Schiff). Das Leben auf See war bekanntermaßen sehr gefährlich und viele Seeleute kehrten nie zurück. Waren die Hinterbliebenen dann ursprünglich ein Fall für das Armenhaus gewesen, so gründeten sich Mitte des 19. Jahrhunderts erste Gesellschaften zu deren Versorgung. Musterrollen, die Verträge mit den Matrosen, und Materiallisten zur Anheuerung geben u.a. genau Auskunft darüber, welche Gegenstände und Kleidungsstücke ein Matrose besitzen musste (zwei lange Unterhosen für mehrmonatige Fahrten…na ja...).















Kuratorisch ist die Ausstellung sehr ansprechend gestaltet und steht ganz unter dem Motto des Fragens und Forschens. Überall finden sich Notizen und Kärtchen mit Fragen, deren Antworten man dann in der Ausstellung finden kann - als Zeitungsfaksimile, als Gegenstand, als Karteikasten, als Blättersammlung… So wird man dazu animiert, selbst in die Rolle der Forscherin zu schlüpfen. Eine Rettungsinsel lädt insbesondere die Kinder zum Hineinklettern ein und es gibt eine extra Kinderausstellung über die Hanse, mit wenig Text auf den Tafeln und Kinderstimmen in den Audiostationen. Ab und zu läuft ein Trupp WissenschaftlerInnen, bekittelt oder in Zivil, durch das Bild. Die Hansekogge ist umgeben von geschriebenen Fragen und mein persönliches Highlight sind Fragen als Lichtinstallation, die am Boden wie Wellen auf die Kogge zurollen.




Seute Deern.

 

Hinten die Seefalke, vorne ein Walfänger.

 

Tragflügelboot.

 

So eine Art Wassertrecker, der Schlepper “Stier”.



Nach dem Museum stand eine Hafenrundfahrt auf dem Programm. Neben Menschen passieren hauptsächlich motorisierte Dinge den Hafen - von Porsches (Export) bis John Deeres ( Import).

 

Gestern gab es das erste Mal Ärger - mein Handy lärmte mich um Mitternacht aus dem Schlaf. Am anderen Ende war der Typ von der Rezeption, der meinte, ich solle mal meine trampelnden und gröhlenden SchülerInnen zur Räson pfeifen. Mich hatten sie nicht gestört… Ansonsten sind immer noch alle zufrieden und haben sich lieb. Gute Nacht!